Wenn sich das Kalenderjahr dem Ende zuneigt und privat die besinnlichste Zeit des Jahres beginnt, ist in vielen Unternehmen genau das Gegenteil der Fall. Denn mit dem Ende des Fiskaljahres bricht häufig geschäftige Betriebsamkeit aus. Der Jahresabschluss muss vorbereitet und durchgeführt werden, unter Umständen sind schon Unterlagen für die Wirtschaftsprüfer vorzubereiten, Kreditoren reichen vermehrt Rechnungen für gelieferte Sachgüter oder Dienstleistungen ein und das Unternehmen selbst muss Rechnungen stellen, ggfs. Korrekturen buchen und Rückstellungen ermitteln.
Außerdem stehen Inventuren ins Haus, da zum Jahresende alle Bestände korrekt erfasst werden müssen, um die Vermögenslage des Unternehmens zum Bilanzstichtag richtig darzustellen. Wie der Warenbestand und Bestandsveränderungen erfasst, richtig bewertet und korrekt in der Bilanz abgebildet werden, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Definition: Was ist der Bilanzstichtag?
Als Bilanzstichtag wird in einem Unternehmen der letzte Tag des Wirtschaftsjahres bezeichnet. In der Regel entspricht das Wirtschaftsjahr auch dem Kalenderjahr, kann davon aber auch abweichen.
Am Bilanzstichtag wird der Jahresabschluss erstellt, der alle finanziellen Transaktionen und Vermögenswerte des Wirtschaftsjahres bis zu diesem Datum erfasst. Damit wird auch der wirtschaftliche Erfolg, also der Gewinn oder Verlust des Unternehmens, periodengerecht ermittelt und geht ebenfalls in die Bilanz ein.
Die Ermittlung des wirtschaftlichen Erfolges ist auch Basis für die Berechnung der Steuerlast sowie möglicher Gewinnanteile der Anteilseigner des Unternehmens. Zudem muss zum Bilanzstichtag der Warenbestand korrekt ermittelt werden, um eine genaue Bewertung der Vermögenswerte des Unternehmens zu gewährleisten.
Was zählt alles zum Warenbestand?
Zum Warenbestand bzw. Vorratsvermögen eines Unternehmens gehören alle materiellen Güter, die für den Verkauf oder die Produktion bestimmt sind. Das sind:
- Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe für die Produktion,
- Halbfabrikate und fertige Erzeugnisse, die schon produziert, aber noch nicht verkauft wurden,
- Handelswaren, die direkt für den Verkauf bzw. Weiterverkauf bestimmt sind.
Wie wird der Warenbestand ermittelt?
Der Warenbestand wird mengen- und wertmäßig zum Bilanzstichtag durch eine Inventur erfasst und bewertet. Bei einer Inventur handelt es sich um eine körperliche und buchmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag.
Die körperliche Bestandsaufnahme kann durch Messen, Wiegen, Zählen oder Schätzen der Bestände im Unternehmen erfolgen. Die buchmäßige Bestandsaufnahme durch vorhandene Hilfsbücher kann die Inventur zwar erleichtern, ersetzt aber nicht die körperliche Inventur. Denn nur mit dieser können tatsächliche Fehlbestände, z. B. aufgrund von Diebstahl, Schwund oder Berechnungsfehler, aufgedeckt werden. Das Ergebnis der Bestandsaufnahme wird im Inventar dokumentiert.
Dass zum Bilanzstichtag eine Inventur durchgeführt werden muss, ist in § 240 Abs.2 HGB geregelt. Dort ist festgelegt, dass:
für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs ein solches Inventar aufzustellen ist. Die Dauer des Geschäftsjahrs darf zwölf Monate nicht überschreiten.
Im Rahmen der Inventur ist eine körperliche Bestandsaufnahme nach § 240 Abs. 3 HGB:
in der Regel alle drei Jahre durchzuführen.
Es gibt verschiedene Arten, wie eine Inventur durchgeführt werden kann. Die bekannteste und am häufigsten verwendete Methode ist die Stichtagsinventur, die – wie der Name schon sagt – am oder knapp um den Bilanzstichtag durchgeführt wird.
Weitere gängige Inventurarten sind:
- die zeitnahe Stichtagsinventur,
- die permanente Inventur oder die
- Stichprobeninventur
Eine Inventur kann in Form einer körperlichen Inventur, einer Buchinventur oder einer Anlageninventur durchgeführt werden.
- Wie sich die verschiedenen Inventurarten voneinander unterscheiden, können Sie in unserem separaten Beitrag nochmal ganz genau nachlesen.
Bewertungsansätze für den Warenbestand
Damit die mittels Inventur erfassten Werte des Warenbestandes zum Bilanzstichtag auch mit den richtigen Werten in der Bilanz erscheinen, hat der Gesetzgeber Bewertungsregeln festgelegt. Diese sollen sicherstellen, dass alle Vermögenswerte des Unternehmens einheitlich, korrekt und nachvollziehbar erfasst werden.
Da grundsätzlich das Einzelbewertungsprinzip gilt, ist jeder Vermögensgegenstand und jede Schuld einzeln zu erfassen und zu bewerten.
Maßgeblich für die Bewertung der Warenbestände sind die Anschaffungskosten bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen bzw. die Herstellungskosten bei selbst hergestellten Produkten. Bei Warenbeständen sind die Einstandspreise anzusetzen.
Zu den Anschaffungskosten bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sind noch die Aufwendungen hinzuzurechnen, die benötigt werden, damit die Waren in einen betriebsbereiten Zustand versetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Transport-, Verlade- oder Lagerkosten. Auf der anderen Seite mindern gewährte Rabatte oder Skonti die Anschaffungskosten.
Bei der Bewertung der Herstellungskosten müssen sowohl die angefallenen Einzelkosten sowie die Gemeinkosten berücksichtigt werden. Bei unfertigen Waren im Vorratsvermögen, also beispielsweise zum Bilanzstichtag noch nicht fertige Maschinen eines Maschinenbau-Unternehmens, sind diese mit dem Prozentsatz anzusetzen, zu dem das Produkt zum Bilanzstichtag produziert worden ist. Ein ähnliches Vorgehen gilt für unfertige Leistungen, deren Fertigstellungsgrad zum Bilanzstichtag anteilig anzusetzen ist.
Vorhandene Warenbestände, beispielsweise bei Handelsunternehmen, sind zu den Einstandspreisen zu bewerten.
Liegt der Marktwert zum Bilanzstichtag unter den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder dem Einstandspreis, ist aufgrund des Niederstwertprinzips der niedrigste Wert bei der Bewertung anzusetzen. Darüber hinaus sind alle erkennbaren Risiken und Verluste, die bis zum Bilanzstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen. Das gilt auch für wertaufhellende Tatsachen, die nach dem Bilanzstichtag auftreten, aber die Verhältnisse zum Bilanzstichtag betreffen.
Schwimmende Ware bei der Bilanzierung berücksichtigen
Neben dem mittels Inventur bestimmten und bewerteten Warenbestand ist außerdem die sogenannte „schwimmende Ware“ bei der Bilanzierung zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um Produkte oder Rohstoffe des Unternehmens, die zwar dem Unternehmen gehören, die sich zum Bilanzstichtag aber nicht mehr im Lager befunden haben und deshalb bei der Inventur nicht erfasst werden konnten. Das können beispielsweise Produkte sein, die sich schon auf dem Weg zum Kunden befinden.
- Wem diese Ware zum Bilanzstichtag zuzurechnen ist, können Sie in diesem hier bereits erschienen Artikel nochmal nachlesen.
Sollte Sie Fragen bei der Bewertung ihres Warenbestandes haben oder sich nicht sicher bei der Einordnung sein, dann sprechen Sie uns einfach an. Wir helfen Ihnen gern dabei!
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Mein Name ist Christian Deák, Steuerberater und
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