Das Netz ist voll mit Ratgebern, die Interessierten erklären, wie sie mit wenig Geld und nur ein paar Stunden Arbeit pro Woche nebenbei ein Business aufbauen und viel Geld verdienen können. Dass solche Kurse oft vierstellige Beträge kosten und die Online-Seminare meist die bessere Geschäftsidee sind, sei nur am Rande erwähnt.
Ebenfalls oft nur eine Randnotiz der Motivations-Seminare sind die Kosten und der Aufwand, die notwendig sind, um überhaupt Kunden für das eigene Dropshipping-Angebot zu finden. Denn auch wenn Produkte verkauft, die man nicht selbst herstellt oder auf Lager hat, muss man sie doch an den Mann oder die Frau bringen. Über die eigene Website, Social Media oder andere Absatzkanäle.
Andere sehr wichtige Themen wie Gewerbeanmeldung, Buchhaltung oder das durchaus schwierige Thema der umsatzsteuerlichen Behandlung solcher Reihen- oder Streckengeschäfte werden oft nur am Rande behandelt oder bleiben ganz außen vor. Man will die potenzielle Seminarkundschaft ja nicht zu sehr verunsichern.
Doch genau hier liegen die Risiken des Dropshipping, mit denen sich jeder, der solche Geschäftsaktivitäten plant, von Anfang an eingehend beschäftigen sollte. In diesem Beitrag erfahren Sie deshalb, worauf Sie beim Aufbau eines Dropshipping-Business vor allem aus steuerlicher Sicht achten müssen, um teure Fehler zu vermeiden und nicht in eine Falle zu tappen.
Definition: Was ist Dropshipping?
Auch wenn in den letzten Jahren ein regelrechter Hype um den Begriff Dropshipping entstanden ist, handelt es sich im Grunde nicht um eine neue Erfindung oder gar Innovation. Dropshipping ist lediglich ein anderer Begriff für das im Handel oft genutzte Streckengeschäft bzw. Reihengeschäft.
Beim Dropshipping werden Produkte, die von einem Verkäufer an den Endkunden verkauft werden (z.B. über einen Online-Shop), vom Hersteller der Produkte oder einem Großhändler direkt an den Endkunden versandt. Der Verkäufer übernimmt also nur die Bestellannahme und die Abrechnung mit dem Kunden und leitet die Bestellung direkt an seinen Lieferanten weiter, der sie dann an den Endkunden ausliefert.
Der Online-Händler muss sich also nicht um die gesamte Lagerhaltung und Logistik kümmern und kommt mit den verkauften Produkten faktisch nicht in Berührung, oft hat er nicht mal ein eigenes Lager.
Der Kunde merkt bei seiner Bestellung selten etwas vom Dropshipping. Für ihn ist der Direktversand nur dann ersichtlich, wenn auf seinem Paket die Absenderadresse nicht mit der des Verkäufers übereinstimmt.
Auch wenn gesetzliche Regelungen wie das 14tägige Rückgaberecht oder Garantieleistungen natürlich auch beim Dropshipping gelten, ist der Online-Händler nicht verpflichtet, seine Kunden darauf hinzuweisen.
Welche Vor- und Nachteile bietet Dropshipping einem Online-Händler?
Wird das Dropshipping-Business mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben – wovon wir in diesem Beitrag durchgängig ausgehen – muss bei der zuständigen Gemeinde ein Gewerbe angemeldet werden. Außerdem ist eine Form der Gewinnermittlung erforderlich, je nach Unternehmensgröße in Form einer Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR) oder der doppelten Buchführung.
Erzielte Gewinne müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben und als Einkommen versteuert werden, auch wenn es sich „nur“ um ein Neben- oder Kleingewerbe handelt. Bei der an das Finanzamt abzuführenden Gewerbesteuer gibt es allerdings recht großzügige Freibeträge von derzeit 24.500 Euro pro Jahr.
- Tipp: Wer das Gewerbe zunächst nebenberuflich betreiben möchte, muss sich dafür natürlich auch die Erlaubnis seines Arbeitgebers einholen.
Vorteile Dropshipping
Die Vorteile des Dropshipping liegen auf der Hand: Da der Aufbau einer aufwendigen Versandlogistik und Lagerhaltung entfällt, sind die Anfangskosten vergleichsweise gering und die Markteintrittsbarriere ist niedrig. Der Verkäufer muss sich nur auf das Marketing und den Vertrieb konzentrieren. Hohe Anfangsinvestitionen sind auf den ersten Blick nicht erforderlich.
Dropshipping ist daher oft eine gute Möglichkeit, sich ein Online-Business im Nebenerwerb oder als zweites Standbein aufzubauen, und das völlig flexibel bezüglich des Standorts oder der verkauften Produkte.
Nachteile Dropshipping
Gern vergessen wird dabei, dass es in einem kompetitiven Marktumfeld die Kunden nicht zum Nulltarif gibt. Je wettbewerbsintensiver es beim gewählten Produkt zugeht, desto höher fallen in der Regel die Kosten für Marketing und Kundenakquise aus. Beispielsweise, um mit seinem Produkt in Suchmaschinen gefunden oder in Social-Media-Kanälen wahrgenommen zu werden.
Und auch für den Aufbau und Betrieb eines modernen und nutzerfreundlichen Online-Shops muss oft Geld in die Hand genommen werden (es sei denn, Sie sind ein sehr begabter Programmierer und Grafiker oder Sie planen den Vertrieb ausschließlich über Online-Marktplätze wie Amazon oder Ebay).
Berücksichtigt werden muss außerdem, dass die Margen im Dropshipping häufig niedriger ausfallen. Besonders dann, wenn die Kosten für die Kundenakquise sehr hoch sind. Wer beispielsweise für bezahlten Google-Werbung viel Geld ausgibt, muss sich genau ausrechnen, wie hoch die sogenannte Conversion Rate sein muss, damit ein verkauftes Produkt am Ende noch Gewinn abwirft.
Wichtige Themen beim Dropshipping sind zudem die Lieferkettenkontrolle und damit verbundene Haftungsfragen sowie der Umgang mit Reklamationen. Denn auf den Versand der Produkte hat der Online-Händler wenig bis gar keinen Einfluss. Gibt es hier Probleme, zum Beispiel mit langen Lieferzeiten, falschen Auslieferungen oder Qualitätsproblemen bei verschickten Produkten, landen die Beschwerden beim Verkäufer. Und obwohl der mit dem Versand der Produkte nichts zu tun hat, muss er versuchen, muss er versuchen, die Probleme beim Lieferanten zu adressieren und diesen unter Umständen in Regress zu nehmen.
Ein ganz wichtiger Punkt beim Einsatz beim Dropshipping, der gern bei der Werbung für solche Modelle übersehen wird, sind die steuerlichen Sachverhalte und Auswirkungen, insbesondere wenn es sich um grenzüberschreitende Lieferungen handelt oder sich Auslieferungslager im Ausland befinden. Denn dann wird der Online-Händler schnell lokal in anderen Länder steuerpflichtig, mit allen damit verbunden Pflichten, die sich aus der Umsatzsteuermeldepflicht im jeweiligen Land ergeben.
Achtung Umsatzsteuer: Vor allem kompliziert bei grenzüberschreitenden Verkäufen
Beim Dropshipping handelt es sich um ein sogenanntes Reihengeschäft, bei dem zwei Rechtsgeschäfte und damit Kaufverträge zustande kommen. Die Systematik verdeutlicht die nachfolgende Übersicht:
- Rechtsgeschäft 1: Endkunde bestellt beim Online-Händler die Ware.
- Rechtsgeschäft 2: Online-Händler ordert die Ware direkt beim Hersteller.
Die bestellte Ware wird im Anschluss direkt vom Hersteller an den Endkunden geliefert.
Nach §3 Abs. 6a Umsatzsteuergesetz (UstG) liegt ein Reihengeschäft vor, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte abschließen und dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft) gelangt. Die Beförderung oder Versendung des Gegenstands ist dann nur einer der Lieferungen zuzuordnen.
Weiterhin wichtig für die umsatzsteuerliche Behandlung ist der Ort, wo die Geschäfte abgewickelt werden, also ob ausschließlich im Inland oder grenzüberschreitend.
Ausschließlich inländische Warenbewegungen
Wenn das Produkt innerhalb der gesamten Lieferkette ausschließlich im Inland bewegt wird, sind alle oben im Rahmen des Reihengeschäftes aufgeführten Lieferungen vom jeweils liefernden Unternehmen bzw. Unternehmen auch im Inland steuerpflichtig.
Im obigen Beispiel muss also der Hersteller die Umsatzsteuer aus dem Verkauf an den Online-Händler ans Finanzamt abführen. Der Online-Händler muss die Umsatzsteuer aus dem Verkauf an den Endkunden abführen, kann davon aber die an den Hersteller gezahlte Vorsteuer abziehen.
Grenzüberschreitende Geschäfte
Erheblich komplexer wird die Angelegenheit, wenn es sich um grenzüberschreitende Dropshipping-Geschäfte handelt. Zwar sind mit dem Hersteller bzw. Großhändler, dem Online-Händler und dem Kunden wieder unsere drei bereits bekannten Parteien beteiligt.
Darüber hinaus ist es jetzt aber auch wichtig, wo der Händler seinen Sitz hat und wohin die Ware geliefert werden soll (EU-Ausland, Drittland). Ebenfalls von Bedeutung ist der Ort, an dem sich das Auslieferungslager des Lieferanten befindet und wie hoch die Steuersätze im jeweiligen Auslieferungsland sind.
Da der Ort der Lieferung darüber entscheidet, wer die Umsatzsteuer in der Reihenlieferung bezahlen muss, wird zwischen Beförderungs- und Versendungslieferung bzw. zwischen bewegter und unbewegter Lieferung unterschieden. Bei der bewegten Lieferung findet eine Warenbewegung statt, bei der ruhenden Lieferung demzufolge nicht.
Aus der Art der Lieferung kann man anschließend die umsatzsteuerlichen Folgen ableiten. Wird die Ware ins EU-Ausland geliefert muss man feststellen, ob:
- eine steuerpflichtige Lieferung im Inland vorliegt, z.B. zwischen Hersteller und Online-Händler,
- eine steuerfreie Ausfuhrlieferung besteht,
- es sich um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung handeln kann oder
- um einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
Handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung des Herstellers an den Online-Händler (Ware muss also über eine EU-Grenze transportiert werden), ist diese für den Lieferanten grundsätzlich steuerfrei.
Der Online-Händler muss aber seinen innergemeinschaftlichen Erwerb mit der im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat (z.B. Tschechien) gültigen Umsatzsteuer versteuern. Für einen Online-Händler, der seine Waren in einem EU-Mitgliedsstaat verkaufen will, bedeutet das, dass er sich in diesem Land umsatzsteuerlich registrieren und dort die Umsatzsteuer für Geschäfte in dem Land deklarieren und abführen muss.
Den Verkauf an den Endkunden im EU-Mitgliedstaat (z.B. Tschechien) muss der Online-Händler anschließend ebenfalls mit der dort gültigen Umsatzsteuer berechnen und diese dann lokal in dem Land abführen. Die hierzulande bequeme Lösung des One-Stop-Shop-Verfahrens (OSS) ist nicht möglich. Für Online-Händler, die in mehreren EU-Mitgliedsstaaten tätig sind, ist das ein nicht zu unterschätzender Aufwand. Unter Umständen wird in jedem Land, in das Waren verschickt werden, ein Steuerberater notwendig!
Noch komplizierter wird es, wenn ein Hersteller seine Waren über Versandlager im EU-Ausland verschickt. Denn das ist nur schwer zu erkennen und geht aus den Rechnungen des Lieferanten in der Regel nicht hervor. Hier müssen also die Lieferketten noch genauer im Auge behalten werden, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden.
Um hier den Überblick zu behalten und Fehler bei der korrekten Berechnung und Abführung der Umsatzsteuer von Anfang an zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen unbedingt, mit einem guten Steuerberater für E-Commerce zu sprechen. Mit dem Sie im Zweifel den kompletten Warenweg durchgehen können, den ihre Produkte von der Bestellung über die Auslieferung bis zum Endkunden nehmen.
Benötigen Sie Hilfe, dann sprechen Sie uns an! Wir helfen Ihnen gern.
Abgrenzung: Dropshipping vs. Fulfillment
Dropshipping ist nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Fulfillment, wie es große Marktplatzbetreiber wie z.B. Amazon (Fulfillment by Amazon bzw. FBA) den auf ihren Plattformen tätigen Online-Händlern anbieten.
Während beim Dropshipping ein Online-Händler die Produkte eines Herstellers oder Großhändlers direkt verkaufen kann, ohne ein Lager aufbauen oder die Ware physisch vorrätig haben zu müssen, handelt es sich beim Fulfillment nur um eine Dienstleistung zur Bestellabwicklung durch einen Drittanbieter.
Sollten Sie weitere Fragen zum Dropshipping, zu Fulfillment-Anbieter oderzur steuerlichen Behandlung ihrer E-Commere-Umsätze haben, sprechen Sie uns an. Wir unterstützen Sie gern.
Erfolgreich mit Dropshipping? Christian Deák klärt auf!
Auf was Online-Händler unbedingt beim Dropshipping achten müssen, um langfristig erfolgreich zu sein und welche steuerliche Fehler dabei vermieden werden sollen, erklärt Ihnen Cristian Deak im folgenden Video:
Du möchtest mehr erfahren?
Mein Name ist Christian Deák, Steuerberater und
Geschäftsführer der DHW Steuerberatung. Gemeinsam mit meinem Team
als Co-Autoren, verfassen wir wöchentlich neue Artikel für unseren Blog.
Sollte es noch offene Fragen geben oder der Wunsch nach einer
persönlichen Beratung bestehen, kontaktiere uns gerne und
buche dir ein Beratungsgespräch.